Thematisch hat mich in der zweiten Woche meines Aufenthaltes interessanterweise gleich bei mehreren Begegnungen
vor Ort ein Thema beschäftigt. Hier meine gesammelten Gedanken:
„Wie
komme ich der Wirklichkeit auf die Schliche?“ – Oder: „Über den sorgsamen Umgang
mit Texten, Fakten und Berichten“
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich aus
Geschichte und Gegenwart sein eigenes Bild von der Wirklichkeit und vom Leben
konstruiert. Das ist ein ganz normaler Vorgang und dient dem eigenen Verstehen
und der eigenen Vergewisserung. Die Herausforderung dabei ist, dass es nicht zu
einem Zerrbild kommt. Vieles im Leben ist vielschichtig und lohnt sich auch differenziert
zu sehen, was mir drei Begegnungen in der vergangenen Woche mit Menschen aus
den Bereichen Archäologie, jüdischer Lehre und Journalismus vor Augen gemalt
haben.
Das
Heilige Land und die Archäologie – Vortragsabend im Rahmen der Goerres Lecture in
der Benediktinerabtei Dormitio
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Dr. Georg Röwekamp |
Ja, ich wandle auf den Spuren Jesu. Aber: Das Land und
die Stätten haben sich über zwei Jahrtausende verändert. Beim Versuch der
Rekonstruktion wurde ganz sicher auch vieles konstruiert.
Im Vortrag „The Invention of the Holy Land in Early Christianity“ (Die Erfindung des Heiligen Landes in der frühen Christenheit) skizierte Dr. Georg Röwekamp, Leiter des Jerusalembüros des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande, die Wiederentdeckung der biblischen Orte im 4. Jahrhundert wie sie der Kirchengeschichtler Eusebius in seinen kirchenhistorischen Schriften oder die Pilgerin Egeria in ihrem Reisetagebuch Itinerarium Egeriae beschreiben.Die Stätten waren in Vergessenheit geraten oder waren sogar bewusst wie z.B. im
Fall des Grabes Jesu durch die Römer mit einem Venustempel überbaut worden (in
diesem Fall laut Überlieferung, um die frühe Verehrung des Ortes der Beisetzung
Jesu seit dem 1. Jahrhundert zu unterbinden). Insbesondere mit Helena, der
gottesfürchtigen Mutter des Kaisers Konstantin, setzte eine Zeit des neuen Bewusstwerdens
der Bedeutsamkeit der biblischen Stätten für den christlichen Glauben ein. Seit
einer Pilgerreise Helenas nach Palästina im Jahr 326 n. Chr. wurden zunehmend
diese Stätten wieder aufgefunden und teils mit kaiserlicher Unterstützung,
teils durch Spenden gottesfürchtiger Christen mit Kirchen umbaut. Das
Pilgerwesen nahm zu.
Die sich weiterentwickelnde Geschichte und die
Transformation der Stätten führte über die Jahrhunderte zur Veränderung. Wer
heute Jerusalem besucht, findet eine Stadt vor, die teilweise 14 Meter über dem
Straßenniveau zur Zeit Jesu lag. Die heutigen Stadtmauern gehen auf den
osmanischen Herrscher Süleymann den Prächtigen im 16. Jahrhundert zurück. Jerusalem
ist die Stadt, in der Jesus predigte, und es ist doch eine so andere Stadt als
zu seiner Zeit.
Am Beispiel der Grabeskirche, die heute in der Altstadt
liegt, wird mir deutlich, wie sehr dabei in das Gelände vor Ort eingegriffen
wurde. Die der Überlieferung nach letzte Ruhestätte Jesu und somit der Ort
seiner Auferstehung lag ursprünglich außerhalb der Stadtmauern. Über die
Jahrhunderte wurde das Gelände in die Stadt einbezogen, bebaut und wieder
zerstört und wieder bebaut. Dabei wurden Felsen abgetragen, damit der Kirchbau
erfolgen konnte. Auch bei dem Neubau der Brotvermehrungskirche in Tabgah am See
Genezareth Anfang der 80er Jahre wurde beim Versetzen des verehrten
Steines, auf dem die Brote und die Fische gelegen haben sollen, festgestellt,
dass dieser bereits in früheren Zeiten versetzt worden war. Viele Beispiele
ließen sich anfügen.
Um viele dieser Stätten ranken sich Mythen. Auch wenn uns
mit Eusebius und Egerias Schriften sehr alte Berichte vorliegen, ist die
Historizität mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem üben auch diese Orte einen
faszinierenden Reiz aus. Warum? Die Heiligkeit und Verehrung dieser Stätten wuchs
zumeist erst mit der Zeit. Durch die Überlieferung, Identifizierung und Monumentalisierung,
durch die jahrhundertelange Praxis des Gebetes und des ausgeübten Kultes wurden
diese Stätten aber trotzdem zu dem, was sie heute sind: Heilige Orte. Vieles an
der Heiligkeit im Heiligen Land ist aber auch nachweislich von Menschen konstruiert
worden. Als Reiseführer, der er auch ist, bedauert Dr. Röwekamp das bisweilen,
weil die damit verbundenen Geschichten häufig so fantastisch sind, dass man sie
gut erzählen könnte. Worauf eine Zuhörerin mit trockenem Humor in den Raum wirft:
„Never spoil a good story with facts“ (Ruiniere niemals eine gute Geschichte
mit Fakten). Was breites Gelächter im Raum erntet. Der Referent lacht mit.
Mir geht dabei durch den Kopf: Das Christentum scheint ja
die ersten drei Jahrhunderte auch ganz gut ohne diesen Rahmen und den Mythos überlebt
zu haben. Was hat es in dieser Zeit ausgemacht? Meiner Meinung nach die Lehre
vom Reich Gottes, in dem alle Menschen gleich sind, und die hoffnungsmachende gute
Botschaft von der Auferstehung Jesu von den Toten, der aller Sünde und allem
Tod die Macht nimmt. Dennoch kann auch ich mich dem Reiz der Stätten nicht
entziehen. Sie machen mir bewusst, dass ich Teil eines größeren Geschehens bin,
dass sich über die Jahrhunderte bis heute fortsetzt.
Die Rabbinen und die Lesarten der Tora – Besuch beim Schechter Institute of
Jewish Studies
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Oded Peles |
Die rabbinische Tradition der Toraauslegung (die im
christlichen Bereich als fünf Bücher Mose bezeichnet werden) hat mich schon
während meines Studiums begeistert. Statt eines Absolutheitsanspruches werden
in der rabbinischen Tradition verschiedene Lesarten der Tora nebeneinander
gestellt (Rabbi Hillel sagt…, Rabbi Schammai sagt…). Vor diesem Hintergrund
bekommen Jesu Worte „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist, ich aber sage
Euch…“ eine ganz andere Bedeutung. Es ist halt keine Antithese oder sogar
Aufhebung der Schrift, die der Rabbi Jesus als Lehre äußert, sondern seine Auslegung
und Interpretation. Richtig übersetzt müsste es also heißen: Ihr habt gehört,
dass gesagt worden ist UND Ich sage Euch nun, was ich darüber denke … (oder mit
anderen Worten: Ich teile Euch meine Lesart mit).
In diese Art und Weise der Rabbinischen Lehre führt die Teilnehmende
einer gemeinsamen Exkursion von Studium in Israel und der Dormitio Jerusalem ins
Schechter Institute of Jewish Studies Rabbi
Tamar Kadari ein: „„Alles“ ist in der Tora zu finden, man muss nur tüchtig
graben, es immer wieder umdrehen“ ist ihre Grundthese.
Der sprachsensible Umgang mit Worten, das Lesen zwischen
den Zeilen, mit dem sie einige Verse der Tora und ihre Auslegung durch Rabbinen
vorstellt ist sehr behutsam. Auch hier
wird Wirklichkeit konstruiert und gemeinsam über Generationen um ein Verständnis
gerungen, bei dem es nicht um Wahrheit an für sich geht, sondern darum, eine
Relevanz der heiligen Schriften für das eigene Leben zu gewinnen.
Was so ein offener Umgang mit einem Menschen macht,
darüber berichtet Oded Peles, seines Zeichens u.a. Kantor im synagogischen
Kontext, der in einem engen orthodoxen Umfeld aufgewachsen ist und durch
verschiedene biographische Entwicklungen zu einer Weite im Glauben gekommen
ist. „Worlds can be bridged (Welten können mit Brücken verbunden werden), ist
eine seiner Thesen. Dazu müssen sich Menschen von Angesicht zu Angesicht
begegnen, egal welcher Herkunft und Religion. In der Begegnung liegt der Weg zu
einem Miteiander in Frieden.
Als er von der Zions-Synagoge berichtet, einer „post-denominational
synagogue“ (einer Synagoge, die sich bewusst nicht einem der Zweige des
Judentums zuordnen möchte), die dies praktiziert, werde ich hellhörig. Das muss
ich mir anschauen.
Brücken
bauen in der Synagoge Kehilat Zion

Für mich bewegend ist dann der Besuch der Synagoge Kehilat
Zion im Stadtteil Baka. Wir, das heißt der inzwischen zweite eingetroffene
Pfarrer im Studiensemester und ich, treffen
uns mit Oded Peles um kurz vor fünf Uhr am Freitagnachmittag vor der Synagoge. In
einer umgebauten Turnhalle sitzen wir zusammen mit acht weiteren Personen auf
weißen Plastikstühlen, als die Kantorin der Gemeinde anfängt, mit Liedern den
kommenden Sabbat zu begrüßen. Ich habe mir eine Kippa, die jüdische
Kopfbedeckung zum Gebet, aufgesetzt, obwohl wir im Vorfeld darauf hingewiesen
worden sind, dass dies nicht sein müsste. Es gehört zum Grundsatz dieser
Synagoge, dass jeder so beten darf wie er so oder sie mag. Es sind schöne
Melodien, die angestimmt werden. Eines der ersten Lieder ist ein Liebeslied aus
dem Hohenlied der Liebe. Ich bin etwas erstaunt ob der Leere im Raum und erlebe
dann aber in der nächsten halben Stunde das Wunder der Gottesdienstbesuchervermehrung.
Nach und nach kommen Menschen, Jung und Alt, ganze Familien, so dass nach
einiger Zeit der A cappella-Gesang der Anwesenden immer mehr anschwillt und schließlich
rund 100 Personen alle Sitzplätze belegen und sogar im Eingangsbereich stehen. Männer
und Frauen sitzen gemischt. Es sind Melodien unterschiedlicher Traditionen, die
im Siddur, der Gottesdienstordnung, zusammengefasst sind. Sephardische (d.h.
aus der Tradition der zum Beispiel aus Spanien oder Marokko stammenden Juden)
und aschkenasiche (der Tradition Mittel und Osteuropas) wechseln sich mit
traditionellen jüdischen Melodien ab. Hier wird musikalisch bereits Einheit
gelebt. Der Gesang und das Gebet sind sehr innig. Ich bin bewegt angesichts der
gelebten Spiritualität und fühle mich wie zu Hause in einem Lobpreis- und
Anbetungsgottesdienst. Freude erfüllt den Raum und ist ansteckend. In dem Liederheft
findet sich eine englische Übersetzung der gesungenen Gebete. Manchen Texten
wie dem Psalm 96 (Singet dem Herrn ein neues Lied), die ich aus meiner
Studienzeit noch gut auf Hebräisch kenne, kann ich folgen. Anderes wie z.B. ein
aramäisches Textstück ist mir fremd. Aber das ist völlig nebensächlich, weil
der Geist und die Atmosphäre in diesem Raum so wohltuend sind. Musik kann
verbinden. Toleranz und Respekt können verbinden. Ich fühle mich inmitten mir
fremder Menschen nicht als Gast, sondern als Teil eines Ganzen. Danke, Oded,
für diesen Tipp! Du hast Recht: „Worlds can be bridged.“
Journalismus
und der Umgang mit Lesarten aktueller Ereignisse –
Besuch beim ARD-Studio Tel
Aviv
Ein drittes Erlebnis mit der Konstruktion von
Wirklichkeit mache ich in einer ganz anderen Welt. Bei einem Besuch des
ARD-Studios in Tel Aviv standen die Studioleitungen des Bereiches Fernsehen, Susanne
Glas, des Bereichs Radio, Tim Assmann, sowie Korrespondent Mike Lingenfelser
Rede und Antwort auf die Fragen der vierzig Mitreisenden der Exkursion der Ev.
Erlösergemeinde in Jerusalem. Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen, wie
die Mitarbeitenden der ARD damit umgehen, dass alle möglichen Seiten hier vor
Ort ihre Interpretationen der Ereignisse einbringen wollen. Wie man so schön
sagt „Den Narrativ bestimmen wollen“. Die Mitarbeitenden der ARD wiesen auf die
journalistische Sorgfalt hin, mit der sie ihre Arbeit tun. Zunächst berichten
sie neutral nur von dem, was sie im Lande mit eigenen Augen sehen.
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Von hier berichten sonst ARD-Korrespondenten |
Dabei fragen
sie intensiv bei den Erzählenden nach und lassen sich das Erlebte auch mal zwei
oder drei Mal erzählen. Die Beiträge werde von mehreren Mitarbeitenden
gemeinsamen aufgenommen, so dass nicht nur nach Vier-Augen-Prinzip gearbeitet
wird, sondern manchmal sechs- oder sogar acht Augen prüfend Berichte
bearbeiten. Die Korrespondenten arbeiten mit erfahrenen Producern zusammen, die
Land und Leute kennen. Im Zweifelsfall wird auch einmal eine gute Geschichte nicht
gebracht, wenn dadurch Menschen vor Ort gefährdet würden. Mir gefällt diese
Sorgfalt im Umgang mit den Berichtsthemen und auch die besonnene und
reflektierte Art der Mitarbeitenden. „Wir bemühen uns um die Grautöne“, bringt
es Susanne Glas als Gegenteil zur Schwarz-Weiß-Malerei auf den Punkt. „Es gibt
immer verschiedene Lesarten“, das illustriert sie dann mit Beispielen aus ihrer
Praxis. Es sind die persönlichen Gespräche mit Menschen vor Ort, die nach und
nach ein präziseres Bild der Situation ermöglichen.
Das
lässt mich über die Frage nachdenken, wer den Narrativ im Kampf um die
Meinungshoheit bestimmt?
Unversöhnbar scheinen die Gegensätze zwischen den
Menschen im Nahen Osten aus europäischer Sicht zu sein. Wie können Israelis und
Palästinenser in Frieden zusammenleben, darauf wird von Europa aus immer wieder
der Blick geworfen. Schaut man genauer hin, erkennt man, dass die Welt auch
hier nicht einheitlich ist. Die israelische Gesellschaft ist vielfältig in
ihren Meinungen. Bei der anstehenden Knessetwahl am 09. April werden um die 30
Parteien antreten, die sehr unterschiedliche Standorte vertreten, was das Beste
für die Zukunft für das Land Israel ist. Zehn politisch sehr verschiedene Parteien
können damit rechnen, die 3,25 % - Hürde zu überschreiten. Auch in den palästinensischen
Gebieten wird vielfältig über die Zukunft und gangbare Wege dorthin diskutiert.
Die Fatah im Westjordanland und die Hamas in Gaza sind sich spinnefeind und
wählen dabei unterschiedliche Ansätze.
Es ist in Israel / Palästina eigentlich wie in vielen
Ländern auf der Welt, egal ob zwischen linken und rechten Parteien in Deutschland
beim Streit über den richtigen Umgang mit Migration und Asylrecht, zwischen
Demokraten und Republikanern in den Staaten über die Grenzmauer zu Mexiko oder
in Großbritannien zur Zeit um den Brexit. Es wird überall um die richtige
Meinung gestritten. Das ist im Grunde ja auch ein gut, weil der politische
Diskurs die Chance birgt, im Wettkampf der Meinungen das Beste Ergebnis zu
erzielen. Zumindest wenn die Angst dem nicht im Weg steht, die viele Debatten
zur Zeit bestimmt.
Und hier in der Region ist vieles angstbesetzt. Es geht für alle Beteiligten (scheinbar?)
ums nackte Überleben wie der ehemalige langjährige Auslandskorrespondent der
ARD in Tel Aviv, Richard C. Schneider, in seinem Buch „Alltag im
Ausnahmezustand. Mein Blick auf Israel“ im Jahr 2017 analysiert. Und das
Fatale: Die Diskussionen mündeten immer wieder in Gewalt und Krieg, die die
Gräben noch unüberbrückbar machen.
Zur Zeit ist es in Israel und den palästinensischen
Gebieten in Bezug auf Kriegshandlungen im Vergleich zu früheren Zeiten relativ
still (abgesehen z.B. von ständigen Eskalationen am Grenzzaun zu Gaza, dem
Zerstören von Tunnelanlagen, die aus dem Libanon in israelisches Gebiet führen
und dem Agieren der israelischen Armee gegen iranische Stellungen in Syrien).
In der Region herrscht aber ein wahrer Meinungskrieg über
die richtige Lesart der gegenwärtigen Ereignisse (wer ist der eigentliche
Aggressor) und die richtige Interpretation der älteren und jüngeren Geschichte
(Wer hat Anspruch auf das Land? Wer war zuerst da? Wer hat mit der Gewalt
angefangen?).
Ich verzichte mal an dieser Stelle auf eine Ausführung und Stellungsnahme dazu
und weise nur auf zwei aktuelle Artikel hin, die sich mit dem Phänomen an für
sich beschäftigen.
Vielfach wird hier inzwischen über diesen verdeckten
Krieg über die Interpretationshochheit reflektiert. In ihrem Artikel „Kampf
der Narrative“ beschreibt dies Alexandra Senfft für die innerisraelische
Diskussion.
Und auf der Seite der Konrad-Adenauer Stiftung findet sich ein Beitrag
„Kalter Krieg am Golf“ von
Gidon Windecker und Peter Sendrowicz, die auf den Konflikt zwischen den
regionalen Mächten Iran und Saudi-Arabien eingehen.
Was
bleibt von dieser zweiten Woche?
Die
Erkenntnis, dass das Leben nicht immer so ist wie es scheint. Der Mensch
konstruiert sich seine Wirklichkeit. Die Herausforderung dabei ist es, wenn
möglich, der tatsächlichen Realität möglichst nahe zu kommen. Es ist für mich kein
Gegensatz, mit Fakten umzugehen, um das richtige Verständnis eines Wortes oder einer
archäologischen Stätte zu ringen und gleichzeitig das Besondere solcher Orte
oder Gedanken zu erspüren.
Wichtig
scheint mir das Bewusstsein, dass wir alle nur einen Teil der Wirklichkeit
wahrnehmen und das große Ganze jeder für sich (re)konstruieren. Das sollte uns demütig
machen. Und menschlich. In der Begegnung liegt der eigentliche Zauber des
Menschseins. Davon berichten die getroffenen Menschen vom Journalisten bis hin zur Rabbinerin immer wieder. Gelungene Begegnung mit Land und Leuten, mit Orten, mit Gott
selbst hat immer etwas Heiliges. Und das nicht nur im Heiligen Land. Begegnung auf
Augenhöhe ist wie ein Schlüssel, der die Tür zu Respekt und Frieden miteinander
öffnen kann. Oder mit den Worten des jüdischen Philosophen Martin Buber: „Alles
wirkliche Leben ist Begegnung“. Wie komme ich der Wirklichkeit über meine Mitmenschen auf die Schliche? Indem ich bereit bin zur wirklichen Begegnung.
BCU, 20. Januar 2019