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Das LIFEGATE-Zentrum in Beit Jala |
Uns vier Pfarrern im Studiensemester empfängt Geschäftsführer Burghard Schunkert, der sich seit über drei Jahrzehnten in der Region engagiert. Von Pflegeleitung Maria, ursprünglich aus Meisen und auch schon bereits 11 Jahre im Land, werden wir später durch das neue LIFEGATE-Zentrum geführt, in dem seit dem Bezug im Jahr 2012 auf zunächst drei Etagen zahlreiche Arbeitszweige untergebracht sind. Zwei weitere Etagen könnten in weiteren Bauabschnitten aufgebaut werden.
Burghard Schunkert gibt uns an diesem Morgen nicht nur einen Einblick in das Werk, das er ins Leben gerufen hat, sondern auch in die arabische Kultur. Im Gespräch wird schnell klar, wie weit das Herz des Leiters von LIFEGATE ist: „Wir können nicht allen Anfrage auf Aufnahmen gerecht werden, aber jeden, der hier reinkommt wollen wir etwas mitgeben.“
Wir vier Kontaktpfarrer können das in den folgenden zwei Stunden, in denen wir Themen wie z.B.
- den Wert von Arbeit (nicht nur für Menschen mit Behinderung
- einen Einblick in palästinensische Clankultur und damit verbundene Heiratstraditionen
- den konstitutionellen Stellenwert von Religion in der Region
- Rollstuhlbasketball als Brücke zwischen den Religionen und Kulturen
- aktuelle Diskussionen um die Einrichtung des Rentensystem in Palästina
- Fairtravel in den palästinensischen Gebieten
Uns werden viele Informationen, Einblicke und Eindrücke mit auf den Weg gegeben und ermöglicht.
Die Wahl des Namens LIFEGATE geht auf das biblische Wort aus dem Johannesevangelium, dass Jesus, die Tür zum Leben ist, zurück, erzählt uns Burghard Schunkert, der aus der Arbeit des CVJM stammt und durch den CVJM in Deutschland für diese Arbeit getragen wird.
Der Homepage von LIFEGATE entnehme ich folgende Selbstbeschreibung. Dort finden sich auch viele weitere Berichte und Fotos:
LIFEGATE in Beit Jala ist Zentrum und Herzstück eines weit verzweigten Rehabilitationsnetzwerkes, das sich von Ramallah im Norden bis Hebron im Süden des Westjordanlandes spannt. Unter dem Dach unseres 2012 eröffneten LIFEGATE-Hauses befinden sich Werkstätten, Therapie- und Schulräume, ein Restaurant und die Verwaltung.
Bei LIFEGATE erhalten momentan bis zu 35 Kinder im Kindergarten Frühförderung und Betreuung, etwa 30 junge Menschen mit Behinderung einen Ausbildungsplatz und bisher 60 Kinder mit Einschränkungen und Behinderung einen Schulplatz. Kompetente und erfahrene arabische und deutsche Fachkräfte engagieren sich in folgenden Arbeitsbereichen:
· Medizinische Rehabilitation
· Frühförderung
· Schulische Rehabilitation
· Mobile Hilfe vor Ort
· Berufliche Rehabilitation
· Servicewerkstatt
· Beschützende Werkstatt
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Die Frühförderstelle/ Kindergarten |
Mit Maria besichtigen wir die durch die eigenen Werkstätten liebevoll eingerichteten Räume der Frühförderstelle, der Schule und der Rehaeinrichtungen. In der Berufsausbildungswerkstatt werden rund 40 junge Menschen in vierzehn Handwerksberufen für die Arbeiten an Strickmaschinen, Sticken, in der Metallwerkstatt oder Kochen ausgebildet. Beim Mittagessen können wir die Kochkunst selbst erleben. Einer der Mitarbeitenden der Schreinerei
zeigt uns sichtbar stolz, wie er Olivenholz zu Weihnachtsschmuck verarbeitet. Der Ertrag von den in den Werkstätten erzeugten Waren trägt erheblich zur Gesamtfinanzierung des Werkes bei. Ein Drittel zur Finanzierung wird so durch Eigenleistungen erwirtschaftet, ein Drittel durch Spenden und ein Drittel durch größere Stiftungen.
Ich kenne den Wert von Arbeit (nicht nur) für Menschen mit Behinderungen aus der Zeit meiner Tätigkeit bei der Lebenshilfe in ![]() |
Arbeit in der Schreinerei |
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Handwerk in der Stickerei |
„Ziel ist es, dass die hier Ausgebildeten nachher auf dem freien Markt Arbeit finden“, erfahren wir. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Palästina, einem Land, in dem mancher Arbeiter wie zu biblischen Zeiten am Morgen als Tagelöhner und ohne zu wissen, ob er heute eine Arbeit findet, aus dem Haus geht, kein leichtes Unterfangen. Ich nehme mir gerne den Katalog mit den handwerklich hergestellten Produkten aus den Werkstätten mit, die man auch über den Versand in Deutschland beziehen kann. Das nächste Weihnachtsfest naht schneller als man denkt.
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Das neue Gästehaus in Bethlehem |
Im LIFEGATE Haus arbeiten neben den Mitarbeitenden mit Behinderung Anleiter und pädagogische Kräfte, zumeist Christen, die sich für die medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation junger Palästinenser mit Behinderung einsetzen. Außerdem wurde inzwischen ganz in der Nähe der Geburtskirche im nahen Bethlehem ein eigenes Gästehaus, in dem nicht nur Gruppen, sondern auch Individualreisende übernachten können, eröffnet.
„Das Leid verbindet“ ist ein Satz der mir von diesem Besuch nicht mehr aus dem Sinn geht. Er wurde von Burghard Schunkert ausgesprochen, als er uns erklärte, dass die Diagnostik für die Kinder und Jugendlichen mangels qualifizierten Fachpersonal vor Ort in Jerusalem an einem israelischen Krankenhaus und durch israelisches Fachpersonal durchgeführt wird, während die Therapie dann im Haus in Beit Jala erfolgt. Hier wird in der Zusammenarbeit eine Brücke der Menschlichkeit zwischen Israelis und Palästinensern gebaut. Manche der palästinensischen Familien begegnen so zum ersten Mal einem Israeli, der nicht ein Gewehr in der Hand, sondern ein freundliches Lächeln im Gesicht hat.
Solche Geschichten habe ich schon an anderen Stellen gehört. Was für ein zerrissenes Land, denke ich. Die Arbeit von LIFEGATE öffnet solche Tore zum Zusammenleben nebenbei und ermöglicht Begegnungen. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Schwachen der Welt es den Starken vormachen, wie Mitmenschlichkeit aussehen kann. Der Besuch hinterlässt zumindest bei mir einen starken Eindruck.
BCU, 19.02.2019
BCU, 19.02.2019
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