Samstag, 6. April 2019

Olivenholz aus dem Heiligen Land – Ein Ortsbesuch auf dem Hirtenfeld in Beit Sahour

Jubraiel Abu Sada und sein Sohn Fadi Abu Sada
Auf den Weihnachtsmärkten und Basaren in Deutschland sind sie seit einigen Jahren meist zu finden: Die Rede ist von Olivenholzarbeiten aus dem Heiligen Land. Doch wo genau und von wem werden sie hergestellt? Bei einem Aufenthalt in Beit Sahour, dem Ort, an dem der Überlieferung nach das Hirtenfeld der Weihnachtsgeschichte lag, habe ich die Gelegenheit, die kleine Werkstatt von Jubraiel Abu Sada und seines Sohnes Fadi Abu Sada zu besuchen. Das kleine Familienunternehmen besteht in eigener Regie seit dem Jahr 1995. Davor war Jubraiel Abu Sada seit 1967 bei einem anderen Bethlehemer Olivenholzschnitzer angestellt. Nach dessen Tod hat er sich dann selbstständig gemacht. 


Die Olivenholzarbeiten werden alle in Handarbeit hergestellt. Das Holz stammt aus der Westbank, zumeist aus der Nähe von Nablus und Dschenin vom natürlichen Holzschnitt der dortigen Olivenbäume, die regelmäßig zurück geschnitten werden müssen, wird mir vor Ort erklärt. Sonst können die Bäume nicht wachsen. Manche Äste sind bereits 20 Jahre alt, andere jünger. Olivenbäumen können bis zu 20 Meter hoch wachsen und mehrere hundert Jahre alt werden. Von einzelnen sehr alten Bäumen heißt es, dass sie bereist zur Zeit Jesu gestanden haben sollen. Welche Maserung sich für eine Holzschnitzarbeit ergibt, zeigt sich erst bei der Arbeit.

An diesem Tag arbeitet Jubraiel Abu Sada an der Herstellung von Jesusköpfen. Nachdem grob vorgeschnitzt wurde, wird jedes Gesicht mit einem Bohrer aus dem Holz herausgearbeitet. Bei einem Kaffee will ich von ihm wissen, ob er sich eher als Handwerker oder als Künstler versteht. Zumeist steht bei der Produktion das Handwerk im Vordergrund, erzählt er mir. Aber es gibt immer wieder etwas zu verbessern und bei den Änderungen spielt dann die künstlerische Seite wieder eine Rolle.
Sohn Fadi Abu Sada widmet sich an diesem Tag der Herstellung von Weihnachtsbaumanhängern. Nach seinem Abitur ist er beim väterlichen Betrieb eingestiegen. Ansonsten stellt er auch kleine Weihnachtsställe, Grottos genannt, her. 
Verkauft werden die Arbeiten vor allem in lokalen Geschäften an Touristen, die Bethlehem besuchen. Aber ein immer größer werdender Teil geht inzwischen auch in den Export, zum Beispiel nach Deutschland und dort unter anderem nach Witten. Weil der Tourismus nach Bethlehem nach wie vor unter der Situation (die anhaltende Okkupation Palästinas und z.B. die damit eingeschränkte Bewegungsfreiheit und scheinbare Unsicherheit für Reisende) leidet, wäre es wünschenswert für die lokale Wirtschaft, wenn sich dieser Bereich weiter entwickeln würde. Für mich ist die Frage der Unsicherheit in den palästinensischen Gebieten noch kein Thema gewesen: Ich selbst war in den letzten Monaten des Öfteren in Bethlehem, Beit Jala und Beit Sahour und habe mich dabei immer sicher gefühlt. Der Tourismus hat sich in den letzten Jahren zum Glück etwas erholt, aber seinen Stand vor den Intifadas hat er nicht erreicht.
Onlinevertrieb im Bethlehemshop Witten
Besonders schwierig war es seit der 2. Intifada im Jahr 2000. Und hier schließt sich der Kreis zu meinem Besuche: Seit dem Jahr 2002 setzen sich Christen der Ev. Kirche in Witten aufgrund der damaligen Entwicklungen nämlich für den Verkauf von Olivenholzschnitzerereien auf dem Wittener Weihnachtsmarkt oder zuletzt immer mehr bei Basaren ein. Auch ich habe schon vor einigen Jahren hinter dem Tresen gestanden und so die christlichen Holzschnitzerfamilien unterstützt. Zuletzt ist aus dieser Arbeit sogar mit dem Bethlehem Shop Witten eine Onlineplattform entstanden, bei der man einige der hergestellten Produkte bestellen kann. 


Zurück zum Entstehungsprozess: Nach der Fertigstellung der Holzarbeit, die je nach Größe des Werkstückes und Feinheit der Ausarbeitungen zwei bis vier Stunden z.B. für einen Jesusstatue dauern kann, werden diese noch in einem weiteren Prozessschritt an der Oberfläche mit Olivenöl behandelt und geglättet. Dazu werden die Arbeiten in einer Wäschetrommel für ca. 30 Minuten zusammen mit geölten Oilvenholzperlen bewegt. Das Ergebnis ist nicht nur die Ölung der Arbeit, sondern auch die Glättung des Holzes. Dann kann das neue Schnitzerwerk direkt in den Verkauf gehen. 
Ich freue mich schon auf unseren nächsten gemeindlichen Weihnachtsmarkt, an dem es sicher wieder einen Olivenholzschnitzerstand gibt, der mit Arbeiten von mehreren Holzschnitzerfamilien ausgestattet sein wird. Ich bin schon gespannt, ob ich eine Arbeit von Jubraiel Abu Sada oder seines Sohne Fadi entdecken werde.
BCU, 07.April 2019 

    








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