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Prozession des lat. Patriarchats |
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Prozession am Palmsonntag |
Doch ich fange mal besser von vorne an: Nach den Passionsandachten – und Gottesdiensten der letzten Wochen war der Palmsonntag mit seiner stimmungsvollen und fröhlichen Prozession von Betphage auf dem Ölberg zur Kirche der Heiligen St. Anna am Löwentor in der Jerusalemer Altstadt ein wohltuendes Erlebnis. Südamerikanische (geistliche) Sambamusik, fröhliche philippinische Gesänge, neuere oder ältere Lieder der weltweiten Worshipbewegung wie "10,000 Reasons" oder „Shine, Jesus Shine“,
Taizegesänge wie „Ubi Caritas“ und zwischendrin mit „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt…“ ein Klassiker des Neuen Geistlichen Liedgutes, -das ist das Spektrum des stimmungsvollen Ganges im schönsten Sonnenschein. Einige Tausend Menschen ziehen an diesem Sonntagnachmittag mit Palmzweigen die etwa zwei Kilometer lange Strecke. Es geht langsam voran, so dass dies inklusive Auftakt und Abschlussgottesdienst knapp drei Stunden dauern wird. Erinnert wird an den Einzug Jesu, der unter Jubel der Bevölkerung auf einem Esel in Jerusalem einzieht und dort wie ein König begrüßt wurde, indem vor ihm Palmzweige und Kleiderstücke auf den Boden gelegt wurden. Der Ritt auf einem Esel war dabei ein Ausdruck von Demut und gehörte zur Krönungszeremonie der israelischen Könige.
In den folgenden Tagen der Karwoche nehme ich an verschiedenen Gottesdiensten teil und erlebe, wie tägliche Prozessionen durch die Stadt oder auch die Grabeskirche stattfinden.

Die Christen der Stadt gedenken der letzten Tage im Jesus Leben, seines Abschiedes von den Jüngern, seiner Gefangennahme, seiner Verurteilung und Kreuzigung.
Besonders beeindruckt hat mich in diesen Tagen ein Gottesdienst am Gründonnerstag in der griechisch-katholischen Melkitischen Kirche in Beit Sahour, in dem der Ortspfarrer Abuna Suhail die Fußwaschung Jesu mit 12 jungen Männern der Gemeinde nachempfand und auch schon im Vorgriff auf die Kreuzigung in einer Prozession das Kreuz Jesu dreimal durch die Kirche trug.

In dem dreistündigen Gottesdienst sind nicht weniger als 50 Personen beteiligt, die mit Lesungen und Gesängen zwölf Texte der Passionsgeschichte in Szene setzen. Alle anwesenden Kinder gehen mit Kerzen, Kreuzen oder anderen geistlichen Symbolen dem Kreuz Jesu voraus, das vom Ortpfarrer Abuna Suhail getragen wird.

Ich frage ihn hinterher, was er dabei empfunden hat. Er verrät mir, dass dies für ihn der dichteste Moment des Gottesdienstes ist und er sich emotional durch das Tragen des Kreuzes Jesus am nächsten fühlt.
Am Karsamstag bereitet sich die Stadt mit weiteren Prozessionen auf den Ostertag vor. In der Nacht vom Karsamstag auf den Ostersonntag dann warten in der Grabeskirche Tausende von Gläubigen auf die Entzündung des Heiligen Feuers. Die Stimmung wächst an zum Osterjubel.
Ich selbst feier den Frühgottesdienst zum Sonnenaufgang mit der griechische-katholischen Melkitischen Gemeinde und später den deutschsprachigen Gottesdienst in in der Ev.-Lutherischen Erlöserkirche in der Jerusalemer Altstadt.
Besonders bemerkenswert: Der melkitische Gottesdienst begann vor der Kirchentür mit Gesänge und Gebeten. Bischof Yaser Al-Ayyash klopfte mehrmals gegen die Tür und erst als von Innen eine Stimme erschallte (Ich vermute mit der Auferstehungsbotschaft) öffneten sich diese und die Prozession hinein und der zweistündige Gottesdienst mit Lesungen und Abendmahl hinein begannen.
Freude liegt in diesen Stunden über der Stadt. „Der Messias ist erstanden“, wird gerufen.
Seit 2000 Jahren ist dieses Erlebnis eine Kraftquelle für Menschen: Einer hat den Tod überwunden und führt die Menschen in die Freiheit, so wie einst das Volk Israel in die Freiheit geführt worden ist.
Ich grüße von diesen Tagen des Feierns herzlich aus Jerusalem und schließe mich den frohen Wünschen an.
Vollmond kommt und geht.
Aus den Häusern klingen alte Liede.
Sameach Pessach -
Fröhliche Pessachtage
und eine gesegnete Osterzeit
allen Feiernden.
Der Geruch frischen Brotes erfüllt die Häuser.
Festlich und reich gedeckt sind die Tische.
Warum feiern wir?, fragt das Kind.
Weil wir frei sind, sagen die Eltern am Pessachtisch.
Weil wir frei sind, sagen die Menschen am Ostertisch.
Wer zu feiern, zu leben und zu lieben versteht, der ist bereits gesegnet.
Nur wer nichts zu feiern weiß, lebt noch im Land der Sklaverei.
Wir feiern, weil wir frei sind, und im Feiern werden wir frei.
Die Gläser werden gehoben:
L' chayim - Auf Das Leben
Zum Wohl- Auf die Freiheit
Dank sei Gott für Himmel und Erde, für Brot und Wein.
Glockengeläut über Jerusalem zum Sonnenaufgang.
Das Grab ist leer.
Auf das Leben und bis nächstes Jahr in Jerusalem. Bis wir uns wieder sehen als freie Menschen.
Taizegesänge wie „Ubi Caritas“ und zwischendrin mit „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt…“ ein Klassiker des Neuen Geistlichen Liedgutes, -das ist das Spektrum des stimmungsvollen Ganges im schönsten Sonnenschein. Einige Tausend Menschen ziehen an diesem Sonntagnachmittag mit Palmzweigen die etwa zwei Kilometer lange Strecke. Es geht langsam voran, so dass dies inklusive Auftakt und Abschlussgottesdienst knapp drei Stunden dauern wird. Erinnert wird an den Einzug Jesu, der unter Jubel der Bevölkerung auf einem Esel in Jerusalem einzieht und dort wie ein König begrüßt wurde, indem vor ihm Palmzweige und Kleiderstücke auf den Boden gelegt wurden. Der Ritt auf einem Esel war dabei ein Ausdruck von Demut und gehörte zur Krönungszeremonie der israelischen Könige.
In den folgenden Tagen der Karwoche nehme ich an verschiedenen Gottesdiensten teil und erlebe, wie tägliche Prozessionen durch die Stadt oder auch die Grabeskirche stattfinden.

Die Christen der Stadt gedenken der letzten Tage im Jesus Leben, seines Abschiedes von den Jüngern, seiner Gefangennahme, seiner Verurteilung und Kreuzigung.
Die Liturgien der verschiedenen Konfessionen unterschieden sich dabei in Sprache, Melodieführung und der gesamten Liturgie. Es wird auf Griechisch, Lateinisch, Armenisch, Deutsch und in vielen weiteren Sprachen zelebriert. Mal a Cappella, mal mit Orgel, dann wieder schweigend. Vielfältig sind auch hier die Formen der Anbetung.
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Gründonnerstag in Beit Sahour |

In dem dreistündigen Gottesdienst sind nicht weniger als 50 Personen beteiligt, die mit Lesungen und Gesängen zwölf Texte der Passionsgeschichte in Szene setzen. Alle anwesenden Kinder gehen mit Kerzen, Kreuzen oder anderen geistlichen Symbolen dem Kreuz Jesu voraus, das vom Ortpfarrer Abuna Suhail getragen wird.

Ich frage ihn hinterher, was er dabei empfunden hat. Er verrät mir, dass dies für ihn der dichteste Moment des Gottesdienstes ist und er sich emotional durch das Tragen des Kreuzes Jesus am nächsten fühlt.
Wer sich diese Prozession oder andere einmal ansehen möchte und über einen facebook-Account verfügt, der kann dies auf der fb-Seite der Gemeinde in Beit Sahour tun.
Wie Abuna Suhail geht es wohl auch den Pilgern in Jerusalem, die in diesen Tagen mit Kreuzen durch die Stadt laufen. Ob mit oder Kreuz: Die Menschen wollen Jesus nahe sein, ihm auf die Spur kommen, den besonderen Segen der historischen Städten in sich auf nehmen und verinnerlichen.
Auch ich kann und will mich diesem Erleben nicht entziehen, es war ein Grund noch über die Karwoche und die Ostertage in Jerusalem zu bleiben.
Die Gottesdienste am Karfreitag sind ernst und besinnlich bestimmt.
Auch ich kann und will mich diesem Erleben nicht entziehen, es war ein Grund noch über die Karwoche und die Ostertage in Jerusalem zu bleiben.
Die Gottesdienste am Karfreitag sind ernst und besinnlich bestimmt.
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Ein typischer Pessachtisch(Foto: RadRafe, Wikipedia | Public Domain) |
Welch Kontrast zum Freitagabend, an dem ich bei einer Familie aus „meiner“ Synagogengemeinschaft Kehilat Zion zum Pessachabend eingeladen bin. Pessach ist ein fröhliches Fest, so wünscht man sich zur Begrüßung Sameach Pessach: Ein fröhliche Passah. In diesem Jahr fällt es mit dem christlichen Osterfest zusammen. Pessach erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und damit an die Befreiung aus der Sklaverei. Es war wohl ein Pessachabend, an dem sich Jesus von seinen Jüngern verabschiedet hat. In der Christuskirche in Witten erinnern wir jedes Jahr daran, indem wir den Gründonnerstag in der Tradition des letzten Mahles Jesu mit einem Tischabendmahl feiern.
Ich bin nun auf das Original gespannt und wie es eine jüdische Familie feiert. Am Ende des Abends bin ich sehr froh, dass wir mit der Wittener Nachempfindung gar nicht so weit vom Original liegen. Die familiäre Atmosphäre ist jedoch eine andere. Beim Nacherzählen der Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten entfaltet sich ein Gespräch des Familienvaters mit seinen vier Kindern. Auch die Großeltern, die Ehefrau und ich überlegen offen mit, was die erlebten Ereignisse und diese Nacht zu bedeuten hat. Theologisch gewichtige Fragen wie das Verhältnis von Glauben und Werken werden erörtert: "War der Glaube Israels notwendig für den Auszug?" Unsere Überlegungen: Zumindest war es ein Gehorchen und Vertrauen, dass die Israeliten Blut an ihre Türpfosten zum Schutz strichen. Glauben braucht immer wieder Handeln und sichtbare Praxis. "Was ist wichtiger: Glauben oder Werke?", fragt der Hausvater. "Das ist eine Frage wie die nach der Henne und dem Ei", antwortet die ältesteste, fünfzehnjährige Tochter. Eine andere Frage drehte sich darum, warum Gott 10 Plagen über die Israeliten hat kommen lassen. Wären nicht weniger auch ausreichend gewesen. Der älteste Sohn der Familie mutmaßt, dass dadurch die Ägypter nachempfinden lernten, welches Leid sie den Hebräern angetan haben, als sie sie zu Sklaven gemacht haben und der Pharao sogar befahl, die Erstgeborenen seiner Untertanen in den Nil zu werfen. Ich teile meine Vermutung, dass dadurch der besondere Einsatz Gottes für sein Volk deutlich wird.
Alle Speisen von den bitteren Kräutern, dem Salzwasser, dem Charusset (nach Familientradition aus Datteln, Walnüssen und Zimt hergestellt), dem Lamm bis hin zur süßen Speise des Desserts haben eine Bedeutung an diesem Abend. Wen es interessiert: Über die Bedeutung kann man leicht etwas im Internet finden oder im nächsten Jahr in die Christuskirche in Witten kommen, wo es im Detail erklärt wird. Es ist aus heutiger Sicht keine einfache Geschichte, die an diesem Abend erzählt wird. Es ist eine Erzählung, die in sich viel Leid und Gewalt trägt. Zugleich ist es aber auch eine Erzählung, die die Möglichkeit zur Befreiung deutlich macht. Als freie Menschen treffen wir uns nächstes Jahr in Jerusalem heißt es dann auch an einer Stelle des Abends.
Alle Speisen von den bitteren Kräutern, dem Salzwasser, dem Charusset (nach Familientradition aus Datteln, Walnüssen und Zimt hergestellt), dem Lamm bis hin zur süßen Speise des Desserts haben eine Bedeutung an diesem Abend. Wen es interessiert: Über die Bedeutung kann man leicht etwas im Internet finden oder im nächsten Jahr in die Christuskirche in Witten kommen, wo es im Detail erklärt wird. Es ist aus heutiger Sicht keine einfache Geschichte, die an diesem Abend erzählt wird. Es ist eine Erzählung, die in sich viel Leid und Gewalt trägt. Zugleich ist es aber auch eine Erzählung, die die Möglichkeit zur Befreiung deutlich macht. Als freie Menschen treffen wir uns nächstes Jahr in Jerusalem heißt es dann auch an einer Stelle des Abends.

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Gr.-kath. Melkitische Kirche |
Besonders bemerkenswert: Der melkitische Gottesdienst begann vor der Kirchentür mit Gesänge und Gebeten. Bischof Yaser Al-Ayyash klopfte mehrmals gegen die Tür und erst als von Innen eine Stimme erschallte (Ich vermute mit der Auferstehungsbotschaft) öffneten sich diese und die Prozession hinein und der zweistündige Gottesdienst mit Lesungen und Abendmahl hinein begannen.
Freude liegt in diesen Stunden über der Stadt. „Der Messias ist erstanden“, wird gerufen.
Seit 2000 Jahren ist dieses Erlebnis eine Kraftquelle für Menschen: Einer hat den Tod überwunden und führt die Menschen in die Freiheit, so wie einst das Volk Israel in die Freiheit geführt worden ist.
Ich grüße von diesen Tagen des Feierns herzlich aus Jerusalem und schließe mich den frohen Wünschen an.
Vollmond kommt und geht.
Aus den Häusern klingen alte Liede.
Sameach Pessach -
Fröhliche Pessachtage
und eine gesegnete Osterzeit
allen Feiernden.
Der Geruch frischen Brotes erfüllt die Häuser.
Festlich und reich gedeckt sind die Tische.
Warum feiern wir?, fragt das Kind.
Weil wir frei sind, sagen die Eltern am Pessachtisch.
Weil wir frei sind, sagen die Menschen am Ostertisch.
Wer zu feiern, zu leben und zu lieben versteht, der ist bereits gesegnet.
Nur wer nichts zu feiern weiß, lebt noch im Land der Sklaverei.
Wir feiern, weil wir frei sind, und im Feiern werden wir frei.
Die Gläser werden gehoben:
L' chayim - Auf Das Leben
Zum Wohl- Auf die Freiheit
Dank sei Gott für Himmel und Erde, für Brot und Wein.
Glockengeläut über Jerusalem zum Sonnenaufgang.
Das Grab ist leer.
Auf das Leben und bis nächstes Jahr in Jerusalem. Bis wir uns wieder sehen als freie Menschen.
BCU, 21. April 2019
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